Ein Auszug unserer Rechtsvertretung vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH)
VwGH 22.03.2019, Ra 2017/04/0137
Stichworte: Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplans und Bewilligung einer Bergbauanlage.
Rechtsgebiete: Energierecht, Mineralrohstoffrecht, Verwaltungsverfahrensrecht.
Diese brandaktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) ist vor allem aus Sicht des Verfahrensrechts bedeutend, da die Voraussetzungen einer außerordentlichen Revision an den VwGH klargestellt werden. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts eine Revision an den VwGH nur zulässig, wenn sie (das heißt die Entscheidung über die Revision, vgl. dazu etwa auch VwGH 24.06.2014, Ra 2014/05/0004, Rechtssatznummer 3) von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Diese Voraussetzung konnte im vorliegenden Fall durch den gegnerischen Revisionswerber nicht erfüllt werden. Vielmehr handelt es sich laut VwGH bei der durch das Verwaltungsgericht vorgenommenen Auslegung von Parteierklärungen um eine Einzelfallentscheidung, die nicht revisibel ist, sofern die rechtliche Beurteilung nicht unvertretbar erscheint.
In concreto legte ein Nachbar zwar schriftliche Einwendungen ein, diese stützten sich jedoch explizit auf § 82 Abs 2 Mineralrohstoffgesetz (MinroG), obwohl diese Interessen nur von der Standortgemeinde geltend gemacht werden können. Selbst wenn das Vorbringen auch als Einwendung nach § 116 Abs 1 MinroG zu verstehen sein sollte, war nach Ansicht des VwGH aber nicht erkennbar, welche eigenen subjektiven Rechte damit geltend gemacht werden sollten. Insgesamt war die gegnerische Revision daher zurückzuweisen.
VwGH 08.08.2018, Ra 2017/04/0112; 12.09.2016, Ra 2016/04/0052; 14.10.2015, Ra 2015/04/0074.
Fundstellen: ZVB 2018/120 (Moick et al.) (zu VwGH Ra 2017/04/0112); RPA-Slg 2016/54 (zu VwGH Ra 2016/04/0052).
Stichworte: Öffentliche Auftragsvergabe; Bietergemeinschaft; Subunternehmer; Bindungswirkung; Landesverwaltungsgericht (LVwG); Unabhängiger Verwaltungssenat (UVS).
Rechtsgebiete: Vergaberecht (BVergG 2006); Allgemeines Verwaltungsrecht; Verwaltungsverfahrensrecht.
Den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) liegt ein identer Sachverhalt zugrunde: Eine Gemeinde führte ein Vergabeverfahren betreffend Maßnahmen zum Hochwasserschutz durch. Die von unserer Rechtsanwaltskanzlei vertretene Bietergemeinschaft wurde unter anderem deshalb von der Auftragsvergabe ausgeschlossen, weil in dem Angebot ein Subunternehmer nicht genannt wurde. Der damalige Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) entschied im Jahr 2013, dass keine Verpflichtung bestehe, einen Ziviltechniker als Subunternehmer anzuführen, wenn der Bieter die Leistung selbst erbringt und sich diese Leistung bloß von einem Ziviltechniker (als Prüfstatiker) bestätigen lässt.
Gegen diese Entscheidung des UVS erhob die auftraggebende Gemeinde Rechtsmittel, was zur Folge hatte, dass nach diversen VwGH-Entscheidungen (u.a. VwGH 14.10.2015, Ra 2015/04/0074 und 12.09.2016, Ra 2016/04/0052) schließlich das – mittlerweile eingerichtete – Landesverwaltungsgericht (LvwG) über die Sache zu entscheiden hatte. [Zur Erklärung: Mit der großen Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBl I 51/2012), die großteils am 01.01.2014 in Kraft trat, wurden die UVS durch LVwG abgelöst. Die LVwG sind aber keine den UVS übergeordnete Instanz, sondern haben (vereinfacht formuliert) deren Funktion übernommen.] Entgegen der oben genannten Entscheidung des UVS kam das LVwG nun zum Ergebnis, es liege ein unbehebbarer Mangel und somit ein zwingender Ausscheidensgrund vor, weil der eingeschaltete Prüfstatiker als Ziviltechniker nicht als Subunternehmer in den Ausschreibungsunterlagen genannt wurde.
Dazu hat der VwGH im Sinne der von unserer Rechtsanwaltskanzlei vertretenen Bietergemeinschaft entschieden, dass beiden Verfahren – also jenem vor dem UVS und jenem vor dem LVwG – die Beurteilung ein und desselben Ausscheidensgrundes zugrunde lag, und zwar, ob der eingeschaltete Ziviltechniker bzw. Prüfstatiker als Subunternehmer in den Ausschreibungsunterlagen genannt werden hätte müssen. Es liegt daher Identität der Sache vor, weshalb das LVwG nicht nochmals über den Sachverhalt entscheiden hätte dürfen. Denn es gelten auch im Verwaltungsverfahren die Grundsätze „ne bis in idem“ und „res iudicata“. Über ein und dieselbe Sache darf somit nur einmal rechtskräftig entschieden werden, solange sich weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt ändern! Für das konkrete Verfahren folgte daraus: Das LVwG ist an den Bescheid des UVS gebunden, wonach insofern kein Ausscheidensgrund der Bietergemeinschaft vorliegt, als der Ziviltechniker bzw. Prüfstatiker nicht als Subunternehmer genannt wurde.
VwGH 08.05.2013, 2011/04/0193
Fundstellen: RdU-LSK 2013/65 = wbl 2013/244 = ZfVB 2013/1433.
Stichworte: Parteistellung und Rechte einer Nachbargemeinde, Betriebsverkehr und Transport auf öffentlicher Straße.
Rechtsgebiete: Mineralrohstoffrecht (MinroG).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) stellte in dieser Entscheidung zunächst klar, dass die beschwerdeführende Gemeinde nur dann in ihren gemäß § 119 Abs 6 MinroG schützenswerten Rechten beeinträchtigt sein könnte, wenn in ihr Eigentum oder in ihre sonstigen dinglichen Rechte eingegriffen würde. Hinsichtlich der geltend gemachten gesundheitsgefährdenden Immissionen kommt der Gemeinde – als juristischen Person – jedoch im gegenständlichen Verfahren keine Parteistellung zu.
Soweit die Gemeinde vorbrachte, durch die Bergbauanlage komme es zu einem Eingriff in ihr Eigentumsrecht, weil mit der Anlage ein erhöhtes Verkehrsaufkommen verbunden sei, folgte der VwGH ebenfalls den für unseren Mandanten vorgebrachten Argumenten und bestätigte die Genehmigung der Anlage. Denn der Transport auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr und die dadurch entstehenden Schäden können in einem anlagenbezogenen Genehmigungsverfahren nicht berücksichtigt werden.
Hintergrund dieser Entscheidung ist jener, dass das bloße Vorbeifahren von Betriebsfahrzeugen auf einer öffentlichen Straße nicht der Betriebsanlage selbst zugerechnet werden kann. Der Gemeinde stehen jedoch andere – vor allem straßenrechtliche – Mittel zu, um derartigen Belastungen Rechnung tragen zu können (vgl. etwa § 16 Oö. Straßengesetz 1991 betreffend die Verrechnung betriebsbedingter Mehrkosten).
VwGH 21.03.2011, 2008/04/0083
Fundstellen: RdW 2011/353 = RPA 2011, 185 (Estermann) = ZfVB 2011/1731.
Stichworte: Öffentliche Ausschreibung, Fristversäumnis, Ausschluss von Angebot.
Rechtsgebiete: Vergaberecht (BVergG 2006).
Kernfrage dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) war, ob ein Angebot allein deshalb von einer öffentlichen Ausschreibung nach § 129 Abs 2 BVergG 2006 ausgeschlossen werden kann, weil eine Auskunft nicht fristgerecht erteilt wurde. Diese Frage verneinte der VwGH und hob den vonseiten unseres Mandanten angefochtenen Bescheid auf.
In der Begründung führte der VwGH aus, dass in § 129 Abs 2 BVergG 2006 ein Ermessen dahingehend eingeräumt ist, ob ein Angebot wegen Fristversäumnis ausgeschlossen wird (vgl. dazu auch Schwartz/Küchli in Schwartz, BVergG 20062 § 129 Rz 87 ff). Dieses Ermessen muss unter Berücksichtigung der Grundsätze des Vergabeverfahrens, insbesondere der Gleichbehandlung der Bieter ausgeübt werden. Die Fristversäumnis allein kann einen Ausschluss jedoch noch nicht rechtfertigen, denn die Fristversäumnis ist lediglich Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 129 Abs 2 BVergG 2006.
Abschließend stellte der VwGH klar, dass nur in den Fällen des § 68 Abs 1 Z 7 BVergG 2006 die zwingende Ausscheidung eines Angebots vorgesehen ist. Davon umfasst sind jedoch lediglich Auskünfte betreffend Befugnis, berufliche Zuverlässigkeit sowie technische, finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bieters.
VwGH 27.06.2007, 2004/04/0221
Fundstellen: RdU-LSK 2008/19 = ZfVB 2008/29.
Stichworte: Qualifikation eines Auftrags als Bescheid oder bloße Verfahrensanordnung.
Rechtsgebiete: Verwaltungs- und Verwaltungsverfahrensrecht, Mineralrohstoffrecht (MinroG).
Das Mineralrohstoffrecht war bereits zu Zeiten als noch das „Allgemeine Österreichische Berggesetz“ in Geltung stand ein Kerngebiet unserer Kanzleitätigkeit. Deshalb verwundert es nicht, dass unsere Kanzlei auch eine der ersten Verfahren zum neuen MinroG 1999 begleitete.
In der hier gegenständlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) stand die Frage im Mittelpunkt, ob der Auftrag einer Behörde iSd § 178 Abs 1 MinroG, wonach ein rechtswidriger Zustand zu beseitigen ist, als Bescheid zu qualifizieren ist, gegen den ein Rechtsmittel erhoben werden kann, oder ob es sich um eine bloße Verfahrensanordnung handelt, gegen die man sich als Betroffener nicht unmittelbar wehren kann.
Der VwGH kam zu dem überzeugenden Ergebnis, dass der Auftrag einer Behörde iSd § 178 Abs 1 MinroG Bescheidqualität hat (vgl. dazu auch Holoubek/Potacs, Öffentliches Wirtschaftsrecht3 S. 552), und zwar ungeachtet dessen, dass im konkreten Fall der „Auftrag“ weder als „Bescheid“ bezeichnet war, noch eine Rechtsmittelbelehrung oder ein Datum enthalten hat. Der VwGH hob in diesem Zusammenhang hervor, dass in § 178 Abs 1 MinroG – im Gegensatz zu § 360 Abs 1 GewO 1994 – kein stufenweises Vorgehen verankert ist, wonach die Behörde zuerst eine Verfahrensanordnung und erst dann einen Bescheid erlassen könnte. Vielmehr folgt schon aus dem Verweis in § 178 Abs 1 MinroG auf das Verwaltungsverstreckungsgesetz 1991 und der damit verbundenen Vollstreckbarkeit des Auftrags, dass es sich um einen mit Berufung bekämpfbaren Bescheid handeln muss.
VwGH 16.11.2005, 2003/08/0177
Fundstellen: SVSlg 54.394.
Stichworte: Land- und Forstwirtschaftliche Tätigkeit und Sozialversicherungspflicht.
Rechtsgebiete: Sozialversicherungsrecht (BSVG, ASVG, AlVG).
Gegenstand dieses vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) geführten Verfahrens war die Frage, ob eine Betriebshelferin in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach dem ASVG und AlVG unterliegt. Dies hängt bekanntlich davon ab, ob die betreffende Person als Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG einzustufen ist, also in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird.
Die belangte Behörde kam im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass eine unselbständige Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit vorliege und begründete dies mit den faktischen Gegebenheiten, ohne jedoch die vertragliche Vereinbarung zu berücksichtigen. Gegen diese Entscheidung richtete sich das für unseren Mandanten eingebrachte Rechtsmittel, woraufhin der VwGH unserer Beschwerde in letzter Instanz stattgab und den angefochtenen Bescheid aufhob.
Nach der vom VwGH vertretenen Rechtsansicht stimmt es zwar, dass nicht primär der Vertrag maßgebend ist, sondern die „wahren Verhältnisse“. Eine Feststellung über die zugrundeliegende Vereinbarung ist aber dennoch unerlässlich, denn gerade bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen, die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeiten betreffen, stehen den Vertragsparteien verschiedene Möglichkeiten offen. Der VwGH zählte als mögliche Vereinbarungen etwa Pacht oder Fruchtgenuss, „Dienstlandvereinbarungen“, Gesellschaften bürgerlichen Rechts und „Holzakkordanten“ auf.