Ein Auszug unserer Rechtsvertretung vor dem Obersten Gerichtshof (OGH)


OGH 24.01.2019, 9 Ob 96/18k
Fundstellen: immolex LS 2019/27.
Stichworte: Haftung des Immobilienmaklers.
Rechtsgebiete: Immobilienrecht, Maklerrecht, Schadenersatzrecht.

Nicht nur aufgrund des kuriosen Sachverhalts, sondern auch aufgrund der Eindeutigkeit der Aussagen des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist diese aktuelle höchstgerichtliche Entscheidung bemerkenswert. Reichweite und Bedeutung dieser Entscheidung zeigen sich etwa auch in einem sich damit befassenden Bericht in der Zeitung „Die Presse“ vom 24.04.2019, verfasst von Judith Hecht.

Im Vordergrund dieser Entscheidung stand die vom OGH zu beantwortende Rechtsfrage, ob sich ein Immobilienmakler auf die Aussage des Verkäufers verlassen darf, wonach die Baugenehmigungen für das Kaufobjekt „passen“ würden, obwohl tatsächlich ein gesamtes Stockwerk „schwarz“ errichtet wurde, also ohne erforderliche Baugenehmigung. Im vorliegenden Fall war die Information des Verkäufers an den Immobilienmakler zwar unbelegt, aber es gab keine Anhaltspunkte, warum diese Information nicht stimmen sollte.

Das Höchstgericht hielt es für eine vertretbare Rechtsansicht, dass den Immobilienmakler in einem solchen Fall keine Nachforschungspflichten treffen und wies die gegnerische Revision somit zurück. Insgesamt bedeutet diese Entscheidung ein Aufatmen für Immobilienmakler im haftungsrechtlichen Kontext.

OGH 23.01.2017, 5 Ob 179/16h
Fundstellen
: immolex 2017/75 (Verweijen) = NZ 2018/80 (Hoyer).
Stichworte: Enteignung; Enteignungsbescheid; Entschädigungsleistung; Rechtskraftbestätigung; steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung.
Rechtsgebiete: Allgemeines Bürgerliches Recht; Grundbuchsrecht; Allgemeines Verwaltungsrecht; Verwaltungsverfahrensrecht; Steuerrecht.

Das Recht auf Eigentum ist nicht nur privatrechtlich, sondern auch verfassungsrechtlich abgesichert. Verfahrensgegenständlich war ein Eingriff in dieses Eigentumsrecht durch einen Enteignungsbescheid. Die vorliegende Entscheidung ist aber nicht nur für den konkreten Einzelfall bedeutend (sonst hätte der Fall die Hürde zum OGH gar nicht erst geschafft), sondern beantwortet erhebliche Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Anforderungen, die ein Enteignungsbescheid aufweisen muss, um im Grundbuch eingetragen werden zu können. Interessant ist an dieser Entscheidung auch, dass im Vordergrund zwar eine grundbuchsrechtliche (also privatrechtliche) Frage steht, der Oberste Gerichtshof (OGH) im Zuge dessen aber auch auf das Allgemeine Verwaltungsrecht und Verwaltungsverfahrensrecht eingehen musste.

In concreto lag ein Enteignungsbescheid samt Rechtskraftvermerk vor, Name und Identität des Genehmigenden waren jedoch nicht erkennbar. Vielmehr fand sich auf dem Enteignungsbescheid nur eine unleserliche Paraphe. Der OGH kam daher zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 18 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), und zwar die Bezeichnung der Behörde sowie die Angabe des Datums der Genehmigung und des Namens des Genehmigenden, nicht erfüllt waren. Darüber hinaus mangelte es auch an der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne des § 61 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO). Denn diese muss zwar nicht im original, aber doch in beglaubigter Abschrift vorgelegt werden.

Obwohl diese Argumente formell anmuten, handelt es sich bei der Einhaltung dieser notwendigen Verfahrenserfordernisse um Instrumente, die letztendlich dem Schutz der Rechtsunterworfenen dienen. Bereits aus diesem Grund ist die vorliegende Entscheidung zu begrüßen. Der 5. Senat geht in seinem Erkenntnis aber sogar noch weiter und verlangt für eine konstitutive Eintragung im Grundbuch den Nachweis der Leistung bzw. Sicherstellung des Entschädigungsbetrages in Form einer Urkunde. Vor allem durch dieses Erfordernis wird die Rechtsposition des Enteigneten gestärkt.

OGH 20.03.1997, 6 Ob 45/97d
Fundstellen: ecolex 1997, 661= NZ 1998, 299 = ÖJZ 1997/146 (EvBl) = SZ 70/50.
Stichworte: Einbringung einer Sacheinlage in eine GmbH und Vorkaufsrecht.
Rechtsgebiete: Unternehmens-, Gesellschafts- und Allgemeines Bürgerliches Recht.

Die Relevanz dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) zeigt sich nicht nur darin, dass darauf drei fundamentale Rechtssätze gründen (vgl. RIS-Justiz RS0107637, RS0107638 und RS0107639), sondern sie wird auch durch die literarische Aufbereitung bestätigt (vgl. nur Aicher in Rummel/Lukas, ABGB4 § 1078 Rz 1 ff; Feltl/Aicher in Straube/Ratka/Rauter, WK-GmbHG [Stand 2018] § 4 Rz 31).

Zentrale Rechtsfrage war, ob die Einbringung einer mit einem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft als Sacheinlage in eine Gesellschaft den Vorkaufsfall auslöst und ob das Zahlungsanbot eines Gemeinschuldners eine „wirkliche Einlösung“ darstellt. Der 6. Senat entschied den ersten Teil dieser Rechtsfrage im Sinne unseres Mandanten, und musste deshalb auf den zweiten Teil dieser Rechtsfrage gar nicht erst eingehen.

Zusammengefasst führte das Höchstgericht aus, dass durch die Einbringung einer Sacheinlage in eine Holding-Gesellschaft gerade nicht die Veräußerung an eine dritte Person bezweckt wird, sondern vielmehr der Erhalt im Bereich des verbundenen Unternehmens. Zudem begründete der OGH seine Entscheidung damit, dass bei einer Einbringung einer Sacheinlage die gewährte Beteiligung als Gegenleistung zu beurteilen ist, und dass mit dieser Beteiligung nicht nur Mitgliedschafts- und Vermögensrechte, sondern auch Pflichten verbunden sind. Diese Gegenleistung ist daher nicht in Geld oder durch einen Schätzwert ausgleichbar.

OGH 21.01.1993, 13 Os 67/91-39
Stichworte: Vertrauensgrundsatz im Strafrecht, „Noricum I“.
Rechtsgebiete: Strafrecht, Kriegsmaterialgesetz (KMG).

Diese höchstgerichtliche Entscheidung trug wesentlich dazu bei, die im Wirtschaftsleben auffindbare Praxis des arbeitsteiligen Zusammenwirkens mehrerer auch im Strafrecht ausreichend zu berücksichtigen (vgl. dazu etwa auch Schwab in Höpfel/Ratz, WK2 KMG § 7 Rz 10).

Der Oberste Gerichtshof (OGH) kam in diesem strafrechtlichen Verfahren zum Ergebnis, dass ein nachgeordneter Mitarbeiter in der Regel davon ausgehen darf, dass die Mitteilung seines Vorgesetzten über das Vorliegen der erforderlichen Bewilligung nach dem KMG der Wahrheit entspricht. Dieser Entscheidung liegt der Vertrauensgrundsatz zugrunde, der nicht nur im Straßenverkehr (vgl. § 3 StVO), sondern auch im arbeitsteiligen Wirtschaftsleben Bedeutung entfaltet (vgl. dazu auch OGH 21.06.1995, 13 Os 189/94).

In concreto führte der OGH aus, dass der Begriff der objektiven Sorgfaltswidrigkeit durch den Vertrauensgrundsatz begrenzt wird. Denn es kann nur jene Sorgfalt verlangt werden, die unter der Prämisse, dass auch alle anderen betroffenen Personen sorgfaltsgemäß handeln, erforderlich ist. Lediglich wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit der anderen bereits eindeutig erkennbar oder konkret indiziert ist, kommt der Vertrauensgrundsatz nicht mehr zur Anwendung.

OGH 10.01.1990, 2 Ob 157/89
Stichworte: Verunstaltungsentschädigung, Vorteilsausgleichung.
Rechtsgebiete: Bürgerliches Recht (Schadenersatzrecht).

Nicht jeder Verkehrsunfall wirft Rechtsfragen erheblicher Bedeutung auf, doch der hier gegenständliche hat die Hürde zum Obersten Gerichtshof (OGH) leicht geschafft. Unstrittig war die grundsätzliche Leistungspflicht der beklagten Versicherung, doch offen blieben vor allem zwei Punkte: Einerseits die Verunstaltungsentschädigung bei einer unfallbedingten Minderung der geistigen Fähigkeiten, und andererseits die Vorteilsanrechnung bei einer erhöhten Familienbeihilfe.

Das Höchstgericht ist in seiner Entscheidung hinsichtlich beider Punkte den von unserer Kanzlei vorgebrachten Argumenten gefolgt und kam zu folgendem Ergebnis: Richtig ist zwar, dass nach höchstgerichtlicher Judikatur unter einer „Verunstaltung“ iSd § 1326 ABGB eine wesentliche nachteilige Veränderung der äußeren Erscheinung zu verstehen ist. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall jedoch erfüllt, da die unfallbedingte Minderung der geistigen Fähigkeiten der Klägerin nach außen hin erkennbar ist, wie etwa durch die merkliche Verlangsamung, das mühselige Nachdenken, das geistige Versanden und das auch sonst auffällige Verhalten.

Zur Frage der Berücksichtigung der erhöhten Familienbeihilfe führte der 2. Senat aus, dass es hier zu keiner Vorteilsanrechung kommen kann. Denn es handelt sich bei der Familienbeihilfe nicht um ein Einkommen der Klägerin selbst, sondern ihrer Eltern. Begründet wurde diese Rechtsansicht u.a. damit, dass die Familienbeihilfe auch nicht zu einer Minderung des Unterhaltsanspruchs des Kindes führt.

OGH 10.01.1989, 4 Ob 627/88
Fundstellen: JBl 1989, 440 = ÖBA 1989, 825 = RdW 1989, 126 = SZ 62/2.
Stichworte: Einlösungsrecht eines Verbotsberechtigten.
Rechtsgebiete: Bürgerliches Recht (Sachenrecht) und Exekutionsrecht.

Acht höchstgerichtliche Rechtssätze fußen auf dieser Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) (vgl. RIS-Justiz RS0010747, RS0010749, RS0011446, RS0011447, RS0011448, RS0011449, RS0032315 und RS0032320). Allein dadurch zeigt sich die juristische Tragweite.

Im Mittelpunkt stand die erhebliche Rechtsfrage, ob einem Berechtigten aus einem Veräußerungs- und Belastungsverbot iSd § 364c ABGB ein Einlösungsrecht nach § 462 ABGB zukommt. Diese Frage wurde vom 4. Senat in Bestätigung der für unseren Mandanten vorgebrachten Argumente dahingehend beantwortet, dass ein Verbotsberechtigter zwar nicht persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken für eine fremde Schuld iSd § 1358 ABGB haftet. Dennoch kommt dem Verbotsberechtigten – nach höchstgerichtlicher Ansicht – ein schutzwürdiges Interesse zu, das die Gewährung eines Einlösungsrechts rechtfertigt, und zwar selbst gegen den Willen der Beteiligten.

Begründet wurde diese Rechtsansicht vom OGH vor allem damit, dass die Rechtsordnung etwa auch an anderer Stelle ein über die bloße Sachhaftung hinausgehendes Einlösungsrecht anerkennt. So schützt § 462 ABGB etwa die wirtschaftliche Befriedigungsmöglichkeit des Pfandgläubigers und § 17 AnfO das Interesse an der Aufrechterhaltung eines angefochtenen Rechtsgeschäfts. Nach höchstgerichtlicher Ansicht „muss dieses Recht umso mehr dem Verbotsberechtigten eingeräumt werden, der durch eine Versteigerung der Liegenschaft überhaupt die Möglichkeit verlieren würde, jene Rechte, deren künftigen Anfall das einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot schützen soll, zu erwerben“.

OGH 3 Ob 573/85; 3 Ob 539/85; 8 Ob 632/86

Was Studierenden der Rechtswissenschaften im 21. Jahrhundert als einer der Grundpfeiler des Verbraucherschutzrechts gelehrt wird, war Mitte der 1980er Jahre – und somit vor Einführung des Verbraucherkreditgesetzes 2010 – noch höchst umstritten. Gemeint ist die „Einheitstheorie“ beim drittfinanzierten Kauf, also die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Einheit zwischen Kaufvertrag und Kreditvertrag im Verbraucherbereich.

Im zugrundeliegenden Sachverhalt wurden Anteilsscheine an einem Hotel ausgegeben; gleichzeitig wurde von einer finanzierenden Bank ein Kredit angeboten. Die Finanzierung des Anteilsgeschäfts erfolgte also durch ein Bankinstitut, welches sich die Hotelanteile als Pfand bestellen und die aus der Beteiligung resultierenden Ansprüche abtreten ließ. Als dann der wirtschaftliche Zusammenbruch des Hotels drohte, verlangte die Bank weiterhin Zahlung der Kreditraten. Betroffen waren zahlreiche Fälle in ganz Österreich.

Während zunächst widersprüchliche Judikatur zu diesem konkreten Sachverhalt bestand, entschied der Oberste Gerichtshof (OGH) schließlich im Sinne unserer Mandanten, dass unabhängig vom konkreten Vertragstypus jedenfalls eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 18 KSchG (idF BGBl 140/1979) zwischen dem Grund- und Finanzierungsgeschäft gegeben war. Denn die beiden Geschäfte waren zwar formal getrennt, bei einer wirtschaftlichen Betrachtung zeigt sich nach höchstgerichtlicher Ansicht aber die enge Verflechtung.

OGH 25.06.1985, 4 Ob 517/85
Fundstellen: MietSlg 37.227; MietSlg 37.075; MietSlg XXXVII/25.
Stichworte: KFZ-Abstellplätze und MRG, ergänzende Vertragsauslegung.
Rechtsgebiete: Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Bürgerliches Recht (Allgemeiner Teil, Vertragsrecht).

Diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) ist eine der ersten zum damals neuen Mietrechtsgesetz 1981. Im Mittelpunkt stand zunächst die Rechtsfrage, ob bei einer selbständigen Miete eines sich in einer Garage befindlichen KFZ-Abstellplatzes das MRG – und damit verbunden die Schutzvorschriften zugunsten der Mieter – zur Anwendung gelangen. Diese Frage wurde vom 4. Senat klar verneint, und zwar mit der Begründung, dass es diesbezüglich zu keiner Veränderung im Vergleich zur Rechtslage nach dem alten Mietengesetz (MG) gekommen ist.

Nicht nur aus Sicht des Wohn- und Immobilienrechts, sondern auch aus Sicht des allgemeinen bürgerlichen Rechts besonders interessant ist jedoch der zweite Teil der gegenständlichen Entscheidung. Denn dort beschäftigt sich der 4. Senat mit der „ergänzenden Vertragsauslegung“, welche dann anzuwenden ist, wenn die Parteien für ein konkretes Problem keine Lösung im Vertrag vorgesehen haben.

In concreto ging es um die Frage, ob die Betriebskosten vom Mieter oder vom Vermieter zu tragen waren. Unter Berücksichtigung dessen, was „redliche und vernünftige Parteien“ vereinbart hätten (Stichwort: hypothetischer Parteiwille), kam der OGH zu dem – für unseren Mandanten günstigen – Ergebnis, dass im konkreten Fall die Betriebskosten von Mieterseite zu bezahlen waren. In diese Überlegungen einbezogen wurden vom Höchstgericht vor allem die Dauer und die Höhe der Miete. Denn unter Berücksichtigung der langen Mietdauer und des geringen Mietzinses konnte der Mieter redlicherweise nicht davon ausgehen, dass die Betriebskosten vom Vermieter getragen werden.