Aktuelle arbeitsrechtliche Judikatur zur Verjährung von Urlaubsansprüchen
Die aktuelle arbeitsrechtliche Judikatur zur Verjährung von Urlaubsansprüchen ist besonders praxisrelevant, weil sich daraus eine Aufforderungs- und Hinweispflicht der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern ergibt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in einer Entscheidung aus dem Juni 2023 – in Anlehnung an eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) – entschieden, dass der unionsrechtlich gesicherte Urlaubsanspruch nicht verjähren kann, wenn der Arbeitgeber seiner Aufforderungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Arbeitnehmer nicht nachgekommen ist.
Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf bezahlten Urlaub im Ausmaß von 30 bzw. 36 Werktagen pro Jahr. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht den Arbeitnehmern grundsätzlich ein Anspruch auf Urlaubsersatzleistung zu, also ein Geldanspruch im Ausmaß des nicht verbrauchten Urlaubs. Das Urlaubsgesetz sieht diesbezüglich explizit vor, dass der Urlaubsanspruch innerhalb von zwei Jahren ab Ende des Urlaubsjahres, in dem der Anspruch entstanden ist, verjährt. In der Regel bedeutet dies, dass ab Entstehen des Urlaubsanspruchs drei Jahre für den Verbrauch zur Verfügung stehen.1
Aus der aktuellen arbeitsrechtlichen Judikatur ergibt sich jedoch, dass eine Verjährung des Urlaubsanspruchs nur dann eintritt, wenn der Arbeitgeber aktiv auf den Verbrauch des Urlaubs durch den Arbeitnehmer hingewirkt hat.2 Im Juni 2023 wurde vom OGH – unter Anlehnung an die Judikatur des EuGH – klargestellt: Der unionsrechtlich gesicherte Urlaubsanspruch kann nicht verjähren, wenn der Arbeitgeber seiner Aufforderungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Arbeitnehmer nicht nachgekommen ist.3
Zwar sieht § 4 Abs 5 UrlG vor, dass der Urlaubsanspruch nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist, verjährt.
Der EuGH sprach jedoch zu C-120/21 (ursprünglich zum deutschen Recht) aus, dass Art 7 Abs 1 der Arbeitszeit-Richtlinie (2003/88/EG) einer nationalen Regelung entgegensteht, nach welcher der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen.
Dieser Rechtsansicht folgte in der aktuellen Entscheidung nun auch der OGH, woraus sich ergibt, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer über offene Urlaubsansprüche und die Verjährungsfolgen bei Nichtantritt des Urlaubs informieren muss.
Gerne können Sie sich an uns wenden, um die sich aus der oben beschriebenen Judikatur ergebenden Neuerungen umzusetzen!
1 Vgl. Auer-Mayer, Urlaubsersatzleistung, RDB Keywords, Stand: 05.09.2023, Rz 10.
2 OGH 27.06.2023, 8 ObA 23/23z; EuGH 22.09.2022, C-120/21.
3 RIS-Justiz RS0077943.