Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
BGBl. I Nr. 233/2022
Überblick
Zum Jahreswechsel wurde das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, welches am 27.07.2021 kundgemacht wurde, abgeändert. Die Änderungen beziehen sich auf die Verlängerung von Fristen und Anpassungen technischer Natur. Die Änderungen werden als Anlass genommen, einen kurzen Überblick über das EAG als Ganzes zu geben, da es große Praxisrelevanz aufweist und insgesamt eine neue, dynamische Rechtsmaterie darstellt.
Der Gesetzgeber beabsichtigt mit dem Mitte 2021 eingeführten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die Verwirklichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens 2015, des Ziels der EU den Energieverbrauch bis 2030 zumindest zu 32% durch erneuerbare Energie zu decken und die Klimaneutralität Österreichs, die bis 2040 erreicht werden soll, voranzubringen. Österreich soll ab 2030 seinen gesamten Stromverbrauch, bilanziell betrachtet, aus erneuerbaren Energiequellen decken. Dies soll dadurch erreicht werden, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen bis 2030 insgesamt um 27 TWh gesteigert wird, wobei festgehalten wird, dass 11 TWh auf Photovoltaik – eine Million Dächer soll mit entsprechenden Anlagen ausgestattet werden – 10 TWh auf Windkraft, 5 TWh auf Wasserkraft und 1 TWh auf Biomasse entfallen sollen. Begleitend zum EAG werden auch viele Gesetze zur Energiewirtschaft, beispielsweise das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, das Ökostromgesetz 2012, das Wärme- und Kälteleitungsausbaugesetz und einige weitere geändert.1
Bisherige Rechtslage
Die Rechtsmaterie Energiewirtschaft ist in vielen Gesetzen geregelt, in denen es 2021 zu Änderungen kam, weshalb auch vom Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaket die Rede ist. Bisherige Rechtsgrundlage für die Förderung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen war das Ökostromgesetz 2012, welches von der Europäischen Kommission für die Dauer von zehn Jahren genehmigt wurde, weshalb es einer Neuregelung bedurfte. Die Anpassung an das „Saubere Energie für alle Europäer“-Paket, insbesondere die Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und Teile der Richtlinie (EU) 2019/944 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU, war notwendig zur Umsetzung wichtiger Systeminnovationen. Die zentralen Neuerungen sind die Integration von erneuerbarem Gas und Wasserstoff ins Förderungssystem und die nun mögliche Gründung von Energiegemeinschaften zur dezentralen Energieversorgung durch Bürger. Außerdem werden im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 und im Gaswirtschaftsgesetz 2011 sogenannte „Sandboxes“ – regulatorische Freiräume – geschaffen, die die Erprobung neuer Ideen und Konzepte im Umgang mit erneuerbarer Energie ermöglichen. Die gesamte Rechtslage wird an die aktuellen Entwicklungen angepasst, es werden zahlreiche Richtlinien und Verordnungen umgesetzt.
Änderungen
Einige Besonderheiten der Änderungen im Detail:
Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften
Fortan wird es Bürgern möglich sein, sich mit lokalen Behörden und kleinen und mittleren Unternehmen zu sogenannten Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften zusammenzuschließen (§ 79 EAG), womit Art 22 der Richtline (EU) 2018/2001 umgesetzt wird. Dieser Zusammenschluss darf Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen, die erzeugte Energie verbrauchen, speichern oder auch verkaufen. Die Gründung einer solchen Gemeinschaft ist vielfältig möglich, etwa als Verein, Genossenschaft, Personen- oder Kapitalgesellschaft oder ähnlicher Natur, wenn Rechtspersönlichkeit besteht. Hauptzweck einer solchen Gemeinschaft darf nicht im finanziellen Gewinn liegen, was auch in der Satzung zu dokumentieren ist. Primär soll die Gemeinschaft ihren Mitgliedern oder ihren Tätigkeitsgebieten ökologische, wirtschaftliche oder sozialgemeinschaftliche Vorteile bringen. Die Teilnahme erfolgt hierbei freiwillig, wobei es privaten Unternehmen nicht möglich ist, dass ihre Teilnahme an solchen Gemeinschaften deren Haupttätigkeit ist. Anlagen dieser Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften können gefördert werden, wobei für jede Anlage ein eigener Antrag zu stellen ist. Dazu weiter unten mehr.
In den neugeschaffenen § 16b und § 16c ElWOG 2010 wird zwischen Bürgerenergiegemeinschaften und Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften differenziert, wobei die Bestimmungen des § 79 EAG für letztere gelten. Bürgerenergiegemeinschaften dürfen elektrische Energie erzeugen und die eigenerzeugte Energie verbrauchen, speichern oder verkaufen (§ 16b ElWOG 2010). Für Mitglieder dürfen verschiedene Leistungen, etwa das Laden von Elektrofahrzeugen erbracht werden. Hierbei sind die jeweils einschlägigen Bestimmungen zu beachten. Mitglieder können natürliche und juristische Personen und Gebietskörperschaften sein. Wie bei den Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften darf ihr Hauptzweck nicht im finanziellen Gewinn liegen. Da in § 16c ElWOG 2010 unter anderem die Rede von einem Niederspannungs-Verteilernetz, einer Transformatorstation sowie einen Mittelspannungsnetz und Umspannwerken die Rede ist, sind die Regelungen zu Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften wohl insbesondere für strukturell größere Vorhaben beachtlich.2
Marktprämien
Mittels Marktprämie, ein bereits aus vielen anderen Staaten bekanntes Modell, wird die Kostendifferenz zwischen Stromproduktion aus erneuerbarer Energie und durchschnittlichem Marktpreis der Strombörse ausgeglichen. Das Modell löst die festen Einspeisetarife aus dem Ökostromgesetz 2012 ab. Die Marktprämie ergibt sich aus der Differenz zwischen dem, im Rahmen einer Ausschreibung oder mit Verordnung zum Zeitpunkt der Antragstellung festgelegten, anzulegenden Wert in Cent pro kWh und dem Referenzmarktwert bzw. -preis in Cent pro kWh (§ 11 EAG). Ist die Differenz negativ, wird die Marktprämie mit null festgesetzt. Die Auszahlung erfolgt monatlich durch die neu eingerichtete EAG-Förderabwicklungsstelle (§ 14 iVm § 17 EAG).
Bereits bestehende Anlagen mit einem Fördervertrag nach dem ÖSG 2012 können zur Marktprämie wechseln.3
Sandboxes
Bei den sogenannten Sandboxes handelt es sich um regulatorische Freiräume für Forschungs- und Demonstrationsprojekte. Die Rechtsgrundlagen hierfür finden sich einerseits im Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010) und andererseits im Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011), konkret § 58a ElWOG 2010 und § 78a GWG 2011. Der Begriff „Demonstrationsprojekt“ ist in § 7 Abs 1 Z 7a des ElWOG 2010 legaldefiniert und meint Vorhaben, die eine der Union völlig neue Technologie demonstrieren und eine wesentliche, weit über den Stand der Technik hinausgehende Innovation darstellen. Den jeweiligen Regulierungsbehörden wird die Möglichkeit gegeben Ausnahmebescheide, in denen abweichende Systemnutzungsentgelte festgelegt werden können, zu erlassen. Hierzu ist notwendig, dass die Forschungs- und Demonstrationsprojekte bestimmte Ziele verfolgen, die in § 58a ElWOG 2010 bzw. in § 78a GWG festgelegt werden. Dazu gehören unter anderem der Einsatz neuer Technologien, die Substitution von fossilen Energieträgern durch erneuerbare, dezentrale Konzepte, erhöhte Flexibilität und Effizienzsteigerungen. Um der Regulierungsbehörde die Erlassung eines Ausnahmebescheides zu ermöglichen, müssen mindestens zwei der enumerierten Ziele verfolgt werden.4
Förderungen
Es wurden zahlreiche Förderungsmöglichkeiten geschaffen, eine detaillierte Darstellung jeder einzelnen würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen, daher wird auf eine konkrete Neuschaffung eingegangen, nämlich die Förderung durch Marktprämie. Der Antrag auf Förderung durch Marktprämie ist in §§ 45 ff EAG geregelt, er muss enthalten: Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Förderwerbers (abweichend für Personengesellschaften und jur. Personen), die Energiequelle und Leistung der installierten Anlage und die Jahreserzeugungsmenge, den Standort unter Angabe der Katastralgemeinde und Grundstücksnummer, eine Projektbeschreibung inklusive Kosten-, Zeit-, und Finanzierungsplan und letztlich den Nachweis, dass alle erforderlichen Genehmigungen und Bewilligungen erteilt wurden oder als erteilt gelten. Der Antrag ist bei der EAG-Förderabwicklungsstelle elektronisch einzubringen, die eingebrachten Anträge werden nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens gereiht – „first come, first served“. Der anzulegende Wert, der für die Berechnung der Marktprämie entscheidend ist, wird je nach eingesetzter Technologie auf Basis von Gutachten von der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft, dem Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft und dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz festgelegt. Für bereits nach dem Ökostromgesetz 2012 geförderte Anlagen besteht nach § 54 EAG die Wechselmöglichkeit mittels Antrag auf das neue System der Marktprämie.
Steuerrechtliche Änderungen und Sozialleistungen
BGBl. I Nr. 194/2022
Die schleichende Steuererhöhung („kalte Progression“) wird mit 01.01.2023 abgeschafft. Bis 2024 wird die Steuerlast der unteren Einkommensteuer-Tarifstufen sukzessive gesenkt. Bisher galt für die Einkommensteuer das Nominalwertprinzip, was zu einer schleichenden Steuererhöhung führte. Nun wird der Einkommensteuertarif an die Inflationsrate angepasst, was zum Kaufkrafterhalt bei Einkommenserhöhungen führt. Zwei Drittel der Einnahmen fließen künftig an Steuerzahler zurück, der dritte Teil soll vor allem geringere Einkommen entlasten. Dazu wurden §§ 33 und 33a EstG 1988 entsprechend angepasst.
Für Unternehmen ist besonders interessant, dass die Körperschaftssteuer bzw. die Gewinnsteuer für Kapitalgesellschaften gesenkt wird. Die KöSt wird gemäß § 22 KStG 1988 zunächst auf 24% und 2024 auf 23% vermindert.
Sozialleistungen werden angehoben bzw. valorisiert, also an den jährlichen inflationsbedingten Wertverlust angeglichen. Umfasst sind Kranken-, Rehabilitations- und Wiedereingliederungsgeld sowie Umschulungs-, Kinderbetreuungsgeld, Familienzeitbonus und -beihilfe, Mehrkindzuschlag und Kinderabsetzbetrag. Die Erhöhung wird voraussichtlich 5,8% betragen.5
Die entsprechenden Gesetzesgrundlagen – konkret das ASVG, B-KUVG, AlVG, StudFG, KBGG, FamZeitbG, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das EStG – auch zusammengefasst als „Teuerungs-Entlastungspaket III“, wurden entsprechend geändert.
Maßnahmenvollzuganpassungsgesetz
BGBl. I Nr. 223/2022
Überblick
Der Maßnahmenvollzug soll unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR modernisiert werden. Ein Sondergesetz zum Maßnahmenvollzug, das MVG, soll später folgen. Aus den Erläuterungen zum Gesetzgebungsvorhaben geht hervor, dass die Dringlichkeit, aufgrund derer die Änderungen im StGB, in der StPO und im JGG vorgezogen werden, sich insbesondere daraus ergibt, dass sich die Zahl der im Maßnahmenvollzug Untergebrachten im Zeitraum zwischen 2001 und 2021 nahezu verdreifacht hat, wobei erwähnt wird, dass dies in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang zur Zahl der ermittelten Tatverdächtigen oder Verurteilungen steht. Erwähnenswert erscheint auch, dass diese Rechtsmaterie im Wesentlichen beinahe 50 Jahre Bestand hatte. Zum Vergleich: In Deutschland wurde die dortige Rechtslage in den letzten zehn Jahren an die Judikatur des EGMR angeglichen. Der EGMR hat dies in der Folge positiv anerkannt und wird wohl künftig andere Rechtslagen an der deutschen messen bzw. Vergleiche anstellen. Auch kommt es zu einigen Umbenennungen, künftig spricht man nicht mehr von „Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher“, sondern von „forensisch-therapeutischen Zentren“ und nicht mehr von „geistiger oder seelischer Abartigkeit“, sondern von einer „schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung“.6
Bisherige Rechtslage
Bisher war eine Unterbringung im Maßnahmenvollzug bereits möglich, wenn eine Tat begangen wurde, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, die Kausalität einer psychischen Störung natürlich vorausgesetzt.
Die alte Rechtslage verlangte hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Prognosetat die Befürchtung der Begehung einer weiteren strafbaren Handlung mit schweren Folgen. Die Judikatur verlangte ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit bzw. eine nicht bloß geringgradige Wahrscheinlichkeit. Der bloße Hinweis auf die geltende Rechtslage genügte für den OGH jedenfalls nicht.7
Die Schwelle der Prognosetat iSd § 21 Abs 1 StGB soll nicht verändert werden, die Kausalität der Störung für die Prognosetat soll allerdings enger gezogen werden.
Auch beibehalten werden soll die Unterscheidung zwischen zurechnungsfähigen und zurechnungsunfähigen Tätern, wobei weiterhin auf den Zustand im Tatzeitpunkt abgestellt wird.
Wie bisher sind Eigentumsdelikte ohne Gewalt gegen Personen ausgenommen.
Änderungen
Der hinter den Änderungen stehende Grundgedanke ist erkennbar das Konzept „So viel Schutz wie nötig, so viel Behandlung wie möglich“, wobei auch die Möglichkeiten der allgemeinen Psychiatrie berücksichtigt werden sollen. Fortan will man genauer zwischen strafrechtlicher und zivilrechtlicher Unterbringung differenzieren, auch um Einrichtungen der strafrechtlichen Unterbringung zu entlasten. Die Voraussetzungen werden präzisiert, um die Treffsicherheit der beiden Maßnahmen zu erhöhen. Mit der Änderung soll ein Ausgleich zwischen dem wirksamen, strafrechtlichen Schutz von Rechtsgütern einerseits und der Notwendigkeit der Behandlung der Betroffenen andererseits erwirkt werden.8
Die größte Änderung findet sich mit Sicherheit in § 21 StGB: Nach neuer Rechtslage können Anlass einer Unterbringung im Maßnahmenvollzug nur noch Taten sein, die mit mehr als dreijähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, beispielhaft seien hier Totschlag (§ 76 StGB), schwere Körperverletzung, sofern diese nicht aus einer Misshandlung resultiert (§ 84 Abs 4 StGB), Freiheitsentziehung, sofern diese länger als einen Monat andauert oder damit besondere Qualen verbunden sind (§ 99 Abs 2 StGB), Entführung einer unmündigen Person (§ 101 StGB) und schwere Nötigung (§ 106 StGB) erwähnt. Ausnahme: Wenn die angedrohte Freiheitsstrafe der begangenen Tat drei Jahre nicht übersteigt, muss befürchtet werden, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Tat begangen wird, die sich gegen Leib und Leben richtet und die mit mehr als zweijähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, oder die sich gegen die sexuelle Integrität oder Selbstbestimmung richtet und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Dadurch scheiden insbesondere die qualifizierte gefährliche Drohung § 107 Abs 2 StGB und der Widerstand gegen die Staatsgewalt § 269 erster Fall StGB zwar nicht per se aus, in einer Einzelfallbeurteilung könnten sie aber bei einem geringen Ausmaß an Gefährlichkeit als Prognosetat-Kriterium nicht ausreichen.
Immer vorausgesetzt, sowohl bei alter als auch bei neuer Rechtslage, ist die Kausalität der psychischen Störung für die Tat, wobei mit der neuen Rechtslage diese Kausalität enger gezogen wird. Fortan bedarf es der „hohen Wahrscheinlichkeit“ des Eintritts der Prognosetat. Der Kausalzusammenhang soll gegeben sein, wenn die psychische Störung teilweise kausal für die Anlasstat war, es genügt also Mitkausalität im Sinne der bekannten „conditio sine qua non-Formel“. Dies wurde auch bisher so vom OGH vertreten. Durch die ausdrückliche Erwähnung der „hohen Wahrscheinlichkeit“ in § 21 Abs 1 StGB wird der Wortlaut des Gesetzes an die bisherige Judikatur angeglichen und die Ansicht des OGH somit bestätigt. Dies führt zu einer Klarstellung hinsichtlich der Auslegung, die bisherige Judikatur des OGH wird zur neuen Rechtslage des StGB und so tiefer verankert. Dadurch wird verhindert, dass sich die diesbezügliche Rechtslage ändert, falls der OGH von seiner bisherigen Judikatur abgegangen wäre. Zusätzlich wird, wie aus den Erläuterungen hervorgeht, auch ein zeitlicher Bezugsrahmen gemeint, so soll eine naheliegende Aktualität der Prognosetat in absehbarer Zukunft verlangt werden. Je weiter der zeitliche Rahmen, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaft positiven Prognose. Maßgeblich wird hier wohl die zu erwartende Gefährlichkeit des Täters: Für eine Unterbringung kann es wohl ausreichen, wenn eine eher geringe Gefährlichkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit prognostiziert wird, als auch wenn eine besonders hohe Gefährlichkeit mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.9
Eine weitere Änderung ist die Betonung der Beurteilung der Notwendigkeit der Anhaltung binnen Jahresfrist seit der letzten Entscheidung. Gemäß § 25 Abs 3 StGB (unverändert seit 01.01.1975) hat das Gericht die Notwendigkeit der Unterbringung einmal jährlich zu prüfen, in der Neufassung wird die Wortfolge „hat zu prüfen“ durch „hat zu entscheiden“ ersetzt. Das Gericht hat nun also keine Prüfpflicht mehr, sondern eine Pflicht zur tatsächlichen Entscheidung. Das Überschreiten der Frist hat zwar keine Auswirkungen für die Zulässigkeit der Unterbringung, betrifft den Untergebrachten also nicht direkt, es kann aber dienstrechtliche Folgen haben. Im Ergebnis dürften die Untergebrachten davon profitieren, falls es bisher zum gehäuften Überschreiten der Frist gekommen sein sollte, da sie letztlich (mittelbar) in ihrer Position gestärkt werden.10
Außerdem ist die Unterbringung von gefährlichen terroristischen Straftätern nach § 23 StGB, also im Rahmen der Unterbringung gefährlicher Rückfallstäter nun möglich, wenn auch sehr eng gefasst. Diese Möglichkeit wird mit § 23 Abs 1a StGB neu geschaffen und ist unter den folgenden kumulativen (!) Voraussetzungen möglich: 1. Vollendung des 18. Lebensjahres, 2. Verurteilung zumindest überwiegend wegen §§ 278b bis 278f StGB (Straftaten, die Terrorismus betreffen), 3. Bereits eine Verurteilung wegen §§ 278b bis 278f StGB oder wegen §§ 75, 76, 84 Abs 4 oder Abs 5 Z 1 oder Z 3, 85 Abs 2, 86 Abs 2 oder 87 StGB (Mord, Totschlag und verschiedene Formen der schweren Körperverletzung) oder wegen vorsätzlichen gemeingefährlichen strafbaren Handlungen nach Vollendung des 16. Lebensjahres zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr und, 4. wenn die Befürchtung der Begehung weiterer terroristischer Handlungen mit schweren Folgen besteht. Vereinfacht gesagt sollen also in hohem Maß gewalttätige „Terroristen“ untergebracht werden können, wenn befürchtet wird, dass sie weitere Taten begehen. Fraglich ist aber, wie ein Hang zu terroristischen Taten – der Tatbestandsmerkmal ist – festgestellt werden soll, wenn solche Taten noch gar nicht gehäuft begangen wurden. Die Kriterien für eine solche Unterbringung dürften in der Praxis wohl nur selten erfüllt sein.11
Bitte beachten Sie, dass dieser Kurzbeitrag eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann.
Gerne steht Ihnen das Team von Hochleitner Rechtsanwälte GmbH unterstützend zur Seite!
1 EBRV 733 der Beilagen XXVII. GP- Erläuterungen 1-6.
2 EBRV 733 der Beilagen XXVII. GP- Erläuterungen 18.
3 EBRV 733 der Beilagen XXVII. GP- Erläuterungen 8-9.
4 EBRV 733 der Beilagen XXVII. GP- Erläuterungen 32f und 36.
5 orf.at - Wo der Fiskus Änderungen vornimmt, (zuletzt besucht am 04.01.2023).
6 EBRV 1789 der Beilagen XXVII. GP - Erläuterungen 1f.
7 RIS-Justiz RS0089988; OGH 10.06.1980, 10 Os 78/80; 15.05.2012, 12 Os 32/12s.
8 EBRV 1789 der Beilagen XXVII. GP - Erläuterungen 7.
9 RIS-Justiz RS0075921, Rechtssatz zum vergleichbaren UbG.
10 EBRV 1789 der Beilagen XXVII. GP - Erläuterungen 12.
11 EBRV 1789 der Beilagen XXVII. GP -Textgegenüberstellung 2.