Mietrechts-Update Herbst 2023

Das österreichische Mietrecht wurde im Verlauf dieses Jahres bereits mehrmals Gegenstand rechtspolitischer Diskussionen, vor allem im Zusammenhang mit der von manchen geforderten „echten Mietpreisbremse“. Wie komplex die Rechtslage aufgrund des Zusammenspiels von verschiedenen Rechtsgrundlagen und der jeweiligen Anwendungsvoraussetzungen ist, wird dabei leider nicht immer ausreichend berücksichtigt. Das Mietrechts-Update im Herbst dieses Jahres wird sich nicht näher mit dieser rechtspolitischen Diskussion auseinandersetzen, sondern fokussiert sich auf ausgewählte höchstgerichtliche Entscheidungen und versucht, diese möglichst verständlich – und unter Berücksichtigung der jeweiligen Rechtsgrundlagen – darzustellen.

Wissenswertes

OGH 3.7.2023, 5 Ob 72/23h

Schwerpunkt: Mietzinsanhebung nach erfolgter Unternehmensveräußerung (§ 12a MRG)

Rechtsgrundlage: Die Bestimmung des § 12a MRG ist dann relevant, wenn ein Mieter ein Unternehmen im Mietgegenstand betreibt und dieses Unternehmen veräußert. Denn gemäß § 12a MRG tritt der Erwerber in den Mietvertrag ein, kann das Mietverhältnis also „übernehmen“. Sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber müssen dem Vermieter diese Unternehmensveräußerung anzeigen. Denn sollte der Mietzins niedriger sein als ein angemessener Mietzins, ist der Vermieter zur Anhebung des Mietzinses berechtigt, dies bis spätestens 6 Monate nach erfolgter Anzeige.

Hinweis: Zu beachten ist, dass § 12a MRG nur dann einschlägig ist, wenn der Mietvertrag in den Vollanwendungsbereich des MRG fällt (siehe § 1 MRG).

Beispiel: In der A.-Straße betreibt Frau B. ein Kosmetikstudio. Frau B. veräußert ihr Unternehmen an Frau C. Da die Voraussetzungen des § 12a MRG erfüllt sind (Vollanwendungsbereich), tritt Frau C. in das Mietverhältnis ein. Sollte der Mietzins aber geringer sein, als ein angemessener Mietzins, kann der Vermieter, Herr D., den Mietzins anheben.

Judikatur: In der oben zitierten Entscheidung wurde bestätigt, dass es sich bei der 6-monatigen Anzeigepflicht um eine Präklusivfrist handelt und dass diese Frist nur durch die tatsächlich erfolgte Anzeige der Unternehmensveräußerung zu laufen beginnt, nicht aber durch eine allfällige sonstige Kenntnis des Vermieters. Daraus folgt: Die Vornahme der Anzeige ist essentiell, weil ansonsten auch eine rückwirkende Anhebung des Mietzinses möglich wäre. Auch wenn sowohl der Erwerber als auch der Veräußerer zur Anzeige verpflichtet sind, braucht es keiner Doppelanzeige oder gemeinsamen Anzeige, um die 6-Monatsfrist auszulösen. Für die Auslösung des Fristenlaufs genügt die Anzeige durch den Erwerber und / oder den Veräußerer.

 

OGH 24.5.2023, 8 Ob 32/23y

Schwerpunkt: Kündigung bei Untervermietung zu unverhältnismäßig hohem Mietzins (§ 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG)

Rechtsgrundlage: Gemäß § 30 Abs 1 MRG kann der Vermieter ein Mietverhältnis nur aus wichtigem Grund kündigen. Ein solcher wichtiger Grund liegt gemäß § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG etwa dann vor, wenn der Mieter den Mietgegenstand an einen Dritten überlässt und der Untermietzins unverhältnismäßig hoch ist. Es kommt dabei im Wesentlichen auf einen Vergleich des Untermietzinses mit dem Hauptmietzins an.

Hinweis: Die Kündigungsbeschränkung des § 30 MRG gilt sowohl im Teil- als auch im Vollanwendungsbereich des MRG (siehe § 1 Abs 4 MRG).

Beispiel: Frau A. hat am K.-Platz eine Wohnung mit ca. 50 m2 im Haus von Frau B. angemietet. Frau A. bezahlt einen Hauptmietzins von EUR 450,- zzgl. USt und Betriebskosten an Frau B. Frau A. bewohnt die Wohnung nicht selbst, sondern hat diese an Frau C. untervermietet, von der sie einen Untermietzins von EUR 900,00 zzgl. USt und Betriebskosten erhält (siehe zur Unverhältnismäßigkeit bei einer Überschreitung von 100%: OGH 12.10.2006, 6 Ob 193/05h).

Judikatur: In der Entscheidung OGH 8 Ob 32/23y hat der Vermieter im Mietvertrag einer Untervermietung durch den Mieter zugestimmt. Diese Zustimmung erfolgte unabhängig von der Höhe eines allfälligen Untermietzinses. Der Vermieter kann sich daher nach höchstgerichtlicher Judikatur nicht auf den (oben näher beschriebenen) Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG berufen. Diese Entscheidung entspricht auch der bisherigen höchstgerichtlichen Judikatur (vgl OGH RIS-Justiz RS0070472).

Exkurs: Es ist zwischen dem Hauptmietverhältnis einerseits und dem Untermietverhältnis andererseits zu unterscheiden. Ausschließlich auf das Untermietverhältnis bezieht sich die Bestimmung des § 26 MRG, die im Vollanwendungsbereich des MRG einschlägig ist und unter anderem Einschränkungen zur Höhe des Untermietzinses enthält (vgl dazu etwa Reßler in Illedits, Wohnrecht: Taschenkommentar, 4. Auflage, 2022, § 26 Rz 1 ff).

 

OGH 24.5.2023, 8 Ob 37/23h

Schwerpunkt: Grenzen der Zulässigkeit von Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen (§ 6 Abs 2 Z 4 KSchG)

Rechtsgrundlage: Das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) enthält besondere Bestimmungen zum Schutz von Verbrauchern. § 6 KSchG zählt unzulässige Vertragsbestandteile auf, also Bestimmungen, die unter bestimmten Voraussetzungen im Verbrauchervertrag unwirksam sind. Während die in Absatz 1 genannten Bestimmungen stets unwirksam sind, sind die in Absatz 2 genannten Bestimmungen nur dann unwirksam, wenn der Unternehmer nicht beweisen kann, dass sie im Einzelnen ausgehandelt wurden (vereinfacht gesagt: Absatz 2 gilt nur für AGB). § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verbietet Klauseln in AGB, wonach dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine innerhalb von zwei Monaten nach der Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht. Diese Bestimmung möchte verhindern, dass der Unternehmer innerhalb kurzer Zeit nach Vertragsschluss das ihm zustehende Entgelt erhöhen kann.

Hinweis: Zu beachten ist, dass das KSchG nur auf jene Mietverträge anwendbar ist, bei denen es sich um Verbraucherverträge handelt, also eine Vertragspartei Unternehmer und die andere Verbraucher ist (siehe § 1 KSchG).

Beispiel: Herr A. ist Eigentümer eines Mietzinshauses mit insgesamt 12 Wohneinheiten. Frau B. hat in diesem Haus eine Wohnung zu privaten Wohnzwecken gemietet. Herr A. wäre in concreto als Unternehmer anzusehen und Frau B. als Verbraucher.

Judikatur: In der oben zitierten Entscheidung klagte die Klägerin die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung von bestimmten Klauseln in Mietverträgen. Eine betroffene Klausel sah vor, dass Wertbeständigkeit des Mietzinses vereinbart wird („klassische“ Wertsicherungsklausel). Diese Wertsicherungsklausel enthielt jedoch keine Einschränkung dahingehend, dass in den ersten zwei Monaten nach Vertragsschluss keine Anhebung des Mietzinses möglich ist. Aufgrund des Fehlens dieser Einschränkung liegt eine Verletzung des § 6 Abs 2 Z 4 KSchG vor.

Exkurs: In den §§ 28 ff KSchG ist die sogenannte „Verbandsklage“ geregelt. Demnach können bestimmte Verbände (wie zB die Bundesarbeiterkammer) gegen Unternehmer einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Gegenstand des Unterlassungsanspruchs kann zB sein, es zu unterlassen, bestimmte gesetzwidrige Klauseln in AGB zu verwenden. 

 

Bitte beachten Sie, dass die obenstehenden Ausführungen die Gesetzeslage vereinfacht wiedergeben und eine Rechtsberatung im Einzelfall nicht ersetzen können! 

 

Von: Clara Hochleitner-Wanner
Veröffentlicht: 02.10.2023