„Fully Loaded“ – Was bringt die WEG-Novelle 2022 für E-Ladestationen, Solaranlagen, Beschattungen, etc.?

Die WEG-Novelle 2022 ist mit 01.01.2022 in Kraft getreten und steht ganz im Zeichen der aktuellen Klimapolitik sowie des Nachhaltigkeitsgedankens. Insbesondere sollen die Änderungsrechte der Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit E-Ladestationen, Solaranlagen, Beschattungen, etc. erweitert werden. Welche Neuerungen die WEG-Novelle 2022 tatsächlich mit sich bringt, welche Vor- und Nachteile für Wohnungseigentümer, Eigentümergemeinschaft, Verwalter, etc. damit verbunden sind, und ob die WEG-Novelle 2022 den eigenen Ansprüchen auch wirklich gerecht wird, untersuchen Dr. Clara Hochleitner-Wanner (Hochleitner Rechtsanwälte GmbH) und DI Matthias Humpeler (ConPlusUltra GmbH) sowohl aus rechtlicher als auch technischer Perspektive.

Wissenswertes Nachhaltigkeit

1. Die WEG-Novelle 2022 im Überblick

Die WEG-Novelle 2022 soll der Erreichung der international vorgegebenen Klimaziele dienen. In diesem Sinn werden Maßnahmen, die den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und die Verringerung des Energieverbrauchs anstreben, vereinfacht.1

Konkret geht es zunächst darum, dass die Änderungsrechte der Wohnungseigentümer erweitert werden, um etwa E-Ladestationen, Solaranlagen, Beschattungsanlagen, etc.  leichter umsetzen zu können. Diese Vereinfachung erfolgt einerseits durch die Qualifizierung bestimmter Änderungen als privilegierte Maßnahmen und andererseits durch die Einführung einer Zustimmungsfiktion bei Nicht-Antwort der übrigen Wohnungseigentümer. Erleichterungen gibt es auch bei der Herstellung der Barrierefreiheit der WE-Objekte und der allgemeinen Teile der Liegenschaft.

Darüber hinaus wird aber auch das Verhältnis zwischen Einzel-Ladestationen und Gemeinschafts-Ladestationen geregelt, insbesondere wie die Eigentümergemeinschaft unter bestimmten Voraussetzungen den Betrieb von Einzel-Ladestationen untersagen kann.

Auch die übrigen Änderungen durch die WEG-Novelle 2022 lassen sich zumindest im weiteren Sinn in den Kontext der Nachhaltigkeit bringen, wie die Erleichterung des Zustandekommens von Beschlüssen, die Einführung einer Mindestdotierung der Rücklage und ergänzende Änderungen hinsichtlich der Auskunftspflichten des Verwalters.

Hinweis:

Wussten Sie, dass in Österreich rund 9.700 öffentlich zugängliche Ladepunkte verfügbar sind.2 Umgerechnet auf den aktuellen Stand an rein elektrisch betriebenen PKWs von ca. 76.0003 (rund 1,5 % des gesamten Fahrzeugbestandes in Österreich) müssten sich ca. 8 PKWs eine Ladesäule teilen. Folglich sind Ladesäulen am Wohnort unerlässlich für eine rasche und bequeme Lademöglichkeit!

 

2. Erweiterung der Änderungsrechte der einzelnen Wohnungseigentümer 

a. Bisherige Rechtslage 

Bevor auf die Neuerungen durch die WEG-Novelle 2022 eingegangen werden kann, ist es sinnvoll, sich einen kurzen Überblick über die bisherige Rechtslage zu verschaffen. Am besten kann dies anhand eines kurzen Beispiels erklärt werden: Angenommen, Sie sind Wohnungseigentümer in einer kleineren Anlage mit insgesamt 6 Wohnungen. Auf der Ihnen zugeordneten Terrasse möchten Sie gerne eine Sauna errichten. Die rechtlichen Voraussetzungen, die bei der Errichtung der Sauna zu beachten sind, ergeben sich aus § 16 Abs 2 WEG 2002. Denn dort ist geregelt, wann ein einzelner Wohnungseigentümer bestimmte Änderungen (auch baulicher Art) vornehmen kann.

Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen solchen Änderungen, die nur das eigene WE-Objekt betreffen (Z 1), solchen Änderungen, bei denen auch allgemeine Teile in Anspruch genommen werden (Z 2) und solchen Änderungen, die sogar die Inanspruchnahme anderer WE-Objekte umfassen (Z 3). Das Gesetz lässt klar erkennen, dass bei Z 1 der geringste Eingriff in die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer vorliegt, während bei Z 3 der (denkbar) weitreichendste Eingriff gegeben ist. Daher sind die Voraussetzungen bei Z 3 umso strenger als bei Z 1.

Die Lösung des „Sauna-Falls“ hängt ganz stark von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und soll in diesem Rahmen gar nicht weiter vertieft werden.

Interessant ist jedoch die bereits vor der WEG-Novelle 2022 bestehende höchstgerichtliche Judikatur,4 wonach Maßnahmen, wie die Verlegung einer Elektroleitung samt Errichtung einer Wallbox in einer technisch einer Steckdose vergleichbaren Ausführung, als privilegierte Maßnahme iSd § 16 Abs 2 Z 2 S 2 WEG 2002 anzusehen ist. Daraus folgt, dass bereits vor der WEG-Novelle 2022 aufgrund der bisherigen Rechtsprechung die Errichtung von E-Ladestationen ohne Nachweis einer entsprechenden Verkehrsübung oder eines wichtigen Interesses des änderungswilligen Wohnungseigentümers möglich war. Allerdings bezog sich der vom OGH konkret entschiedene Fall nur auf ein sogenanntes langsames, einphasiges Laden (mit 3,7 kW).

Hinweis:

Heute schon eine Pause gemacht? Nein, dann ab an die Steckdose. An einer Wallbox-Ladestation mit 3,7 kW können Sie z.B. nach 5,5 h wieder 100 km weit fahren. Im Vergleich dazu warten Sie an einer Schnellladestation, beispielsweise mit einem VW ID.4 ca. 10 min für die gleiche Reichweite.

Heutige Elektrofahrzeuge können in Abhängigkeit der technischen Ausführung der Ladesäule, der Ladeleistung des Fahrzeuges und des momentanen Batteriezustandes im Bereich 3,7 bis 350 kW geladen werden. Die Ladeleistung ist nicht konstant, sondern nimmt ab Erreichen von 80% der Kapazität deutlich ab. 

Normalladen (AC, Wechselstrom) liegt im Bereich 3,7 bis 22 kW, Schnellladen (DC, Gleichstrom) ab 22 kW bis 150 kW und High Power Charging (DC) ab 150 bis 350 kW. 

In gemeinschaftlichen Parkgaragen sind die Elektroinstallationen zumeist für Lichtinstallationen (einphasig) ausgelegt, und damit auf max. 3,7 kW begrenzt. Soll eine schnellere Ladeleistung erzielt werden, ist eine dreiphasige5 (allg. bekannt unter Starkstrom) Installation auszuführen, damit sind Ladeleistungen von bis zu 22 kW möglich.

 

b. Privilegierte Änderungen 

Zum Teil kam es durch die WEG-Novelle 2022 somit zu einer Fortschreibung dieser bereits bestehenden Judikatur, zum Teil sind mit der Gesetzesänderung aber auch tatsächliche Neuerungen verbunden. Zunächst wurde in den Gesetzesmaterialien klargestellt, dass unter den Begriff des Langsamladens auch ein Laden mit 5,5 kW fällt (sogenanntes dreiphasiges Laden).6 Darüber hinaus ist nun in § 16 Abs 2 Z 2 S 2 WEG 2002 explizit geregelt, dass unter den Begriff der privilegierten Änderungen auch solche zur Herstellung der Barrierefreiheit dienen.

Hat ein Wohnungseigentümer das Anliegen, nicht bloß eine Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs (mit bis zu 5,5 kW) anzubringen, sondern vielmehr eine Vorrichtung zum sogenannten Schnellladen (über 5,5 kW hinaus) zu verwenden, bleibt es bei der Prüfung im Einzelfall. Der änderungswillige Wohnungseigentümer muss daher entweder eine entsprechende Verkehrsübung oder ein wichtiges Interesse dartun. Da sich aus der bisherigen Judikatur ergibt, dass keine Verkehrsübung dahingehend besteht, Vorrichtungen zum Schnellladen anzubringen,7 verbleibt hier im Regelfall nur die Möglichkeit, ein wichtiges Interesse am Schnellladen im jeweiligen Einzelfall darzutun. In diesem Zusammenhang kann es auch hilfreich sein, den Wohnungseigentumsvertrag noch einmal genau dahingehend zu durchleuchten, ob sich darin etwa abweichende diesbezügliche Vereinbarungen finden.

Selbst wenn es sich um eine Vorrichtung zum Langsamladen handelt, verbleibt den übrigen Wohnungseigentümern, die dem Vorhaben des E-Auto-Besitzers nicht zustimmen wollen, die Möglichkeit des Einwands, dass durch die Änderung schutzwürdige Interessen beeinträchtigt werden.8 Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Anbringung der Wallbox den Nachkauf von Anschlusskapazitäten oder eine Leitungsverstärkung erforderlich macht.

Hinweis:

Für die Errichtung einer Ladestation sind für die Wallbox ca. 700 € - 1500 €, Installationsmaterial von ca. 1500 € und Montagekosten von ca. 500 € zu kalkulieren. Hierbei ist vorausgesetzt, dass der PKW-Stellplatz in geringer Entfernung von < 25 m zum nächsten Verteilerraum positioniert ist und dieser ausreichend Reserveleistung aufweist.9 Ist das nicht der Fall, sind fallspezifische Zusatzkosten zu kalkulieren. Übergeordnet gilt es, E-Ladestationen beim Netzversorger anzumelden. Förderstellen wie die Klima- und Energiefonds10 fördern die Installation von nicht-öffentlichen Ladesäulen <22 kW mit bis zu 900 €, bitte beachten Sie die jeweiligen Förderbedingungen wie die Nutzung von Ökostrom. 

 

c. Zustimmungsfiktion

Neben dieser Erweiterung der privilegierten Maßnahmen brachte die WEG-Novelle 2022 auch insofern eine Erleichterung für die Umsetzung bestimmter Änderungen in der Praxis, als das Gesetz nunmehr die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen fingiert (sogenannte Zustimmungsfiktion).

Diese Zustimmungsfiktion betrifft nicht nur die oben bereits erwähnten E-Ladestationen und die Herstellung der Barrierefreiheit, sondern auch (unter anderem) die Anbringung einer Solaranlage an einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt und die Anbringung von Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts, die sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügen (§ 16 Abs 5 WEG 2002).

 

Näheres zu den Solaranlagen:

Von der Zustimmungsfiktion umfasst sind solche Solaranlagen, die an Reihen- oder Einzelhäusern angebracht werden sollen. Im Begutachtungsverfahren wurde jedoch darauf hingewiesen, dass auch Solarthermieanlagen unter diese Neuerung fallen sollen.11

Hinweis:

Unter dem Begriff der Solaranlagen können Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung oder Solarthermieanlagen zur Erzeugung von Warmwasser verstanden werden. Bedingt durch die von der Bundesregierung gesetzten Ziele,12 elektrischen Strom bis 2030 aus 100% erneuerbaren Energien zu produzieren, hat Photovoltaik klare Priorität erhalten. Eine hochwertige PV-Anlage erzeugt 25 Jahre sauberen Strom und garantiert niedrige Stromgestehungskosten im Bereich 6-8 Cent/kWh. Als Hausgemeinschaft können Sie auch PV-Anlagen als PV-Gemeinschaftsanlage13 oder Erneuerbare Energie Gemeinschaft errichten und den Strom selbst verbrauchen.

 

Näheres zu den Beschattungen:

Auch Vorrichtungen der Beschattung sollen dazu dienen, klimaschonend zu wohnen/arbeiten. Denn diese können dazu beitragen, auch ohne Klimatisierungsanlagen eine angenehme Raumtemperatur zu schaffen.

Wie muss eine Verständigung ausgestaltet sein?

  • Übersendung einer Verständigung von der geplanten Änderung an alle Wohnungseigentümer in Papierform (oder durch elektronische Übermittlung, wenn dies ein Wohnungseigentümer verlangt hat, siehe § 24 Abs 5 letzter Satz WEG 2002).
  • Klare und verständliche Beschreibung der geplanten Änderungen.
  • Angabe der Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs.

Hinweis:

Für die Verständigung der übrigen Wohnungseigentümer ist aus technischer Sicht das Einholen eines Kostenvoranschlages eines Fachbetriebs zu empfehlen. Dadurch sollten alle Unwägbarkeiten, wie die Prüfung der bestehenden Elektroinstallation abgedeckt sein. Eine kurze technische Beschreibung samt Fotodokumentation der Ladesäule und Kabelwege wird empfohlen. Aus rechtlicher Sicht ist erforderlich, dass die Änderung genau beschrieben wird und in welcher Weise die übrigen Wohnungseigentümer davon tangiert sein könnten.

 

Wie muss ein Widerspruch ausgestaltet sein?

  • Übermittlung des Widerspruchs an den änderungswilligen Wohnungseigentümer.
  • Papierform oder in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form.

Sollte mit der geplanten Änderung eine wesentliche oder dauernde Beeinträchtigung des Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts verbunden sein, ist dies auch bei unterbliebenem Widerspruch nicht zu dulden.

 

3. Einführung einer Gemeinschaftsanlage („Enteignungslösung“)

Besonders brisant ist die neu eingeführte Bestimmung des § 16 Abs 8 WEG 2002, denn daraus ergibt sich die Möglichkeit der Eigentümergemeinschaft, von einzelnen Wohnungseigentümern die Unterlassung des Betriebs von Einzel-Ladestationen zu verlangen. Voraussetzungen dafür sind:

  • eine dahingehende Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft,
  • eine bessere Nutzung der elektrischen Versorgung der Liegenschaft durch eine Beteiligung an einer gemeinsamen Anlage als durch die weitere Nutzung der Einzel-Ladestationen, und
  • der Ablauf von 5 Jahren nach Errichtung einer Einzelstation.

Aus rechtlicher Sicht betrachtet neigt man dazu, diese Gesetzessystematik als „Enteignungslösung“ zu bezeichnen, schließlich stellen sich in diesem Zusammenhang auch verfassungsrechtliche Bedenken. Aus diesem Grund (Stichwort: Vertrauensschutz) hat der Gesetzgeber wohl auch keine Rückwirkung dieser Bestimmung angeordnet.14 Verstärkt werden diese verfassungsrechtlichen Bedenken bei einem Blick in die Gesetzesmaterialien, in denen klargestellt wird, dass den betroffenen Wohnungseigentümern auch kein diesbezüglicher Kostenersatz zusteht und die betroffenen Wohnungseigentümer noch dazu von der Abstimmung in diesem Zusammenhang ausgeschlossen sind.15

Hinweis:

Aus technischer Sicht mag diese Lösung durchaus Sinn machen, denn eine Gemeinschaftsanlage verfügt über ein Lastmanagementsystem. Dieses regelt die Ladeleistung aller angeschlossenen Säulen. Dadurch können einerseits die Netzbelastung und die damit verbundenen Kosten reduziert und anderseits die Ladeleistung einzelner Säulen bei geringer Anzahl an zu ladender Fahrzeuge dynamisch erhöht werden. 

Beispielsweise stehen Ihnen am Standort 10 kW an elektrischer Leistung aus dem Bestand zur Verfügung. Für die geplanten 10 E-Ladestationen ist – bei Fehlen eines Lastmanagements – der Anschlusswert der Hausanlage beim Netzversorger um 27 kW zu erhöhen. Damit stehen pro Säule 3,7 kW zur Verfügung. Das Netzbereitstellungsentgelt beträgt in diesem Fall 150 bis 300 €/kW16, es ergeben sich somit (bei Fehlen eines Lastmanagements) einmalige Kosten im Umfang von 4000 – 8000 €.

Alternativ kann durch ein zentrales Lastmanagement der Netzzukauf halbiert und die Ladeleistung dynamisch auf die gerade im Betrieb befindlichen Ladesäulen aufgeteilt werden. Zusätzlich können Restkapazitäten der Hausanschlussleitung über einen Smart Meter abgerufen werden.  Befindet sich nun nur ein Fahrzeug im System, kann dieses die maximale Ladeleistung der Säule ausnutzen und mit bis zu 22 kW laden, befinden sich alle Fahrzeuge im Lademodus, regelt das System dynamisch ab. Die Erfahrung zeigt, dass das unterschiedliche Nutzerverhalten und damit die Ladezeitpunkte zu keinen Engpässen führen.

 

Eine Gemeinschaftsanlage ist aus technischer Sicht einer Einzelanlage vorzuziehen, da sich intelligente Steuerungen für zeitversetztes Laden, Bezahlsysteme für Besucherinnen und technisch höherwertige Komponenten erst ab einer zweistelligen Anzahl an Ladepunkten bezahlt machen. Die Wartungsarbeiten können bei Gemeinschaftsanlagen der Hausverwaltung übertragen werden, damit reduziert sich der Verwaltungsaufwand im Reparaturfall für den Einzelnen.

 

Aus rechtlicher Sicht ist die neue Regelung in § 16 Abs 8 WEG 2002 aber durchaus streitbar, wie oben bereits dargelegt. Die Tatsache, dass frühestens nach 5 Jahren der Betrieb einer Einzel-Ladestation untersagt werden kann, ist dabei wohl nicht entscheidend, denn bei sachgemäßer Handhabung und regelmäßiger Überprüfung unterliegt eine E-Ladestation keiner wesentlichen Abnutzung, weshalb diese auch länger als 5 Jahre betrieben werden kann; es sei denn, es kommt zu technologiebedingten Änderungen, die im Zeitpunkt der Errichtung noch nicht vorhersehbar waren.

Sinnvoll ist es vor diesem Hintergrund jedenfalls, bei der Errichtung der Einzelanlage darauf zu achten, dass diese den gängigen Standards (z.B. hins. Ladestecker) entspricht und über eine Netzwerkfunktion verfügt, damit eine spätere Einbindung in ein zentrales System möglich ist. Ob und inwieweit die Eigentümergemeinschaft bei der Umsetzung der Gemeinschaftsanlage jedoch dazu verpflichtet ist, auf die bestehenden Einzelanlagen Rücksicht zu nehmen, ergibt sich nicht ausdrücklich aus dem Gesetz und wird sich daher erst in der Praxis zeigen müssen.

 

4. Sonstige Änderungen durch die WEG-Novelle 2022 (auszugsweise betrachtet) 

a. Erleichterung der Willensbildung 

Bisher (vor der WEG-Novelle 2022) war für das Erreichen eines (einfachen) Mehrheitsbeschlusses die absolute Mehrheit der Stimmen der Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile erforderlich. Die Mehrheit richtete sich daher nicht nach Personen (Köpfen), sondern nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile laut Grundbuch.17 Ausschlaggebend für die Berechnung der Mehrheit waren 100% der Anteile, nicht nur der abgegebenen Stimmen.18

In den Gesetzesmaterialien zur WEG-Novelle 2022 wird damit argumentiert, dass dieses Mehrheitserfordernis hemmend sei, vor allem vor dem Hintergrund einer zusehends geringer werdenden Beteiligung an Beschlussfassungen.19 Daher gibt es fortan (ab 30.06.2022) zwei Möglichkeiten, die erforderliche Mehrheit zu erreichen (§ 24 Abs 4 neu): Entweder durch die Mehrheit aller Miteigentumsanteile (wie bisher) oder durch die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen (ebenfalls berechnet nach Miteigentumsanteilen), wobei im zuletzt genannten Fall diese Mehrheit mindestens ein Drittel aller Miteigentumsanteile erreichen muss.

Praxistipp:

Über diese gesetzlichen Regelungen und die damit verbundenen Folgen muss im Vorschlag zur Beschlussfassung hingewiesen werden.

Vereinfachtes Beispiel zur besseren Erklärung:

Auf der Liegenschaft … ist Wohnungseigentum begründet. Es gibt insgesamt 5 Wohnungen. Die Miteigentumsanteile lauten wie folgt: Top 1 (3/10 Anteile), Top 2 (3/10 Anteile), Top 3 (2/10 Anteile), Top 4 (1/10 Anteile), Top 5 (1/10 Anteile).

Nach der alten Rechtslage würde das Vorliegen einer Mehrheit die Mehrheit aller Miteigentumsanteile, hier also die Zustimmung von 6/10 der Miteigentumsanteile, erfordern. Nach der neuen Rechtslage genügt auch die Zustimmung von 2/3 der abgegebenen Stimmen, sofern dadurch mindestens 1/3 aller Miteigentumsanteile erreicht sind. Nehmen also z.B. Top 1, Top 3, Top 4 und Top 5 an der Abstimmung teil und stimmen Top 1 und Top 3 dafür, liegt eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen von 5/7, also mehr als 2/3 vor. Auch die Voraussetzung, dass die Mehrheit zumindest 1/3 aller Miteigentumsanteile erreicht, ist hier erfüllt.

 

b. Auskunftspflichten des Verwalters 

Im Zusammenhang mit der Verständigung der übrigen Wohnungseigentümer, wie z.B. bei der Ausübung von Änderungsrechten nach § 16 WEG 2002, sind die nunmehr ausdrücklich geregelten Auskunftspflichten des Verwalters nach § 20 Abs 8 WEG 2002 relevant. Der Verwalter hat unter den in § 20 Abs 8 WEG 2002 näher geregelten Voraussetzungen Auskunft über Namen und Zustellanschriften der übrigen Wohnungseigentümer zu geben. E-Mail-Adressen dürfen jedoch nur mit der Einwilligung des betreffenden Wohnungseigentümers mitgeteilt werden.

c. Mindestanforderungen an die Rücklagenbildung

Auch die Einführung einer Mindestdotierung der Rücklage (§ 31 Abs 1 WEG 2002) dient dem Nachhaltigkeitsgedanken, denn dieser Neuerung liegt die Überlegung zugrunde, dass es leichter fällt, Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der Liegenschaft und der darauf errichteten Gebäude zu beschließen, wenn Investitionskapital in der Rücklage bereits vorhanden ist.20

Bitte beachten Sie, dass dieser Kurzbeitrag eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann, insbesondere betreffend die Anforderungen an die Ausübung von Änderungsrechten, Verständigungen, Beschlussfassungen, etc. 

Gerne steht Ihnen das Team von Hochleitner Rechtsanwälte GmbH unterstützend zur Seite! 

Für weiterführende technische Beratung rund um das Thema Energieeffizienz und Erneuerbare Energien steht die Firma ConPlusUltra GmbH gerne zur Verfügung. Projektleiter DI Matthias Humpeler hilft Ihnen bei der Umsetzung!


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Kontaktdaten:
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Team Energie & Umwelt
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Mail: matthias.humpeler@conplusultra.com

Kontaktdaten:
Hochleitner Rechtsanwälte GmbH
Mag. Dr. Clara Hochleitner-Wanner

1 Vgl. ErlRV 1174 BlgNR XXVII. GP, Seite 1.

2 E-Control, Quartalsbericht zum Ladestellenverzeichnis, Q3 2021, Seite 5, https://www.e-control.at/documents/1785851/1811582/102021-quartalsbericht-ladestellenverzeichnis-q3-2021-03.pdf/208c4680-3c8b-e1af-ad00-f241e1869f1c?t=1636036556717 (zuletzt besucht am 02.02.2022).

3 Statistik Austria, Kraftfahrzeuge – Bestand, Seite 2, http://www.statistik.at/web_de/statistiken/energie_umwelt_innovation_mobilitaet/verkehr/strasse/kraftfahrzeuge_-_bestand/index.html (zuletzt besucht am 02.02.2022).

4 OGH 18.12.2019, 5 Ob 173/19f.

5 Als Dreiphasenwechselstrom bzw. Drehstrom bezeichnet man eine in der Energietechnik verwendete Verkettung von drei einzelnen Spannungen mit einem festen Phasenverschiebungswinkel.

6 Vgl. ErlRV 1174 BlgNR XXVII. GP, Seite 9.

7 OGH 18.12.2019, 5 Ob 173/19f.

8 Vgl. ErlRV 1174 BlgNR XXVII. GP, Seite 10.

9 Die Angabe von 25 m ist kein fixer Wert, sondern soll nur in diesem Beispiel als Begrenzung dienen.

10 https://www.umweltfoerderung.at/betriebe/foerderungsaktion-e-mobilitaet-fuer-betriebe-2021.html (zuletzt besucht am 02.02.2022).

11 Vgl. ErlRV 1174 BlgNR XXVII. GP, Seite 11.

12 Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), BGBl I Nr. 150/2021.

13 § 16a Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG), BGBl I Nr. 110/2010.

14 Vgl. dazu § 58g Abs 3 WEG 2002.

15 Vgl. ErlRV 1174 BlgNR XXVII. GP, Seite 13 f.

16 § 7 Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 (SNE-V 2018), BGBl II Nr. 398/2017.

17 Vgl. Painsi in GeKo Wohnrecht II § 24 WEG (Stand 15.10.2018, rdb.at) Rz 37.

18 Vgl. Painsi in GeKo Wohnrecht II § 24 WEG Rz 38.

19 Vgl. ErlRV 1174 BlgNR XXVII. GP, Seite 5.

20 Vgl. ErlRV 1174 BlgNR XXVII. GP, Seite 5.

Von: Clara Hochleitner-Wanner & Matthias Humpeler
Veröffentlicht: 23.02.2022