Die elektronische Signatur im Rechtsvergleich – Veranstaltungsbericht
Am 22.03.2024 fand im Rahmen unseres monatlichen Juristen Jour Fixe ein länderübergreifender Austausch zur elektronischen Signatur in Österreich, Deutschland und der Schweiz statt. Es hat sich dabei gezeigt, dass die Rechtslage in allen drei Ländern durchaus ähnlich ist. Bei der Verwendung der verschiedenen Formen der elektronischen Signatur in der Praxis ist jedenfalls Vorsicht geboten, insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten.
Aus Sicht des österreichischen Rechts ist zu beachten, dass sowohl nach der eIDAS-VO (=VO (EU) 910/2014) als auch nach dem SVG (=Signatur- und VertrauensdiensteG) zwischen folgenden Formen der elektronischen Signatur zu unterscheiden ist:
- einfache elektronische Signatur,
- fortgeschrittene elektronische Signatur,
- qualifizierte elektronische Signatur,
- elektronisches Siegel.
Während die einfache und die fortgeschrittene elektronische Signatur nicht dem Schriftformerfordernis iSd § 886 ABGB entsprechen, ist dies bei der qualifizierten elektronischen Signatur grundsätzlich der Fall. Allerdings gibt es Ausnahmen, wie etwa bei letztwilligen Verfügungen, bei Privatbürgschaften oder im Familien- und Erbrecht. Darüberhinausgehende Formgebote, wie zB die Form der notariellen Beglaubigung oder des Notariatsakts, können durch eine qualifizierte elektronische Signatur aber nicht ersetzt werden.
Besonders relevant ist die Frage, ob eine elektronische Signatur auch einem vertraglich vereinbarten Schriftformerfordernis entspricht. Grundsätzlich erfüllt die qualifizierte elektronische Signatur auch vertraglich vereinbarte Schriftformgebote. Allerdings könnte auch davon vertraglich abgewichen werden.
In der Praxis ist daher darauf zu achten, welche (gesetzliche oder vertragliche) Form einzuhalten ist und danach zu beurteilen, ob und wenn ja, welche elektronische Signatur diesem Erfordernis entspricht. Besondere Stolperfallen können entstehen, wenn für den Abschluss eines Vertrages zwar per se keine Formpflicht besteht, wie zB bei einem Bestandvertrag, die Wirksamkeit bestimmter Vereinbarungen aber die Schriftform erfordert, wie zB die Befristung bei Mietverträgen nach § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG.
Die Rechtslage in der Schweiz wurde von Kollegen RA Christophe Steiger (Kanzlei Raggenbass) dargestellt. Dieser Vortrag hat insbesondere aufgezeigt, dass bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Vorsicht angebracht ist. Denn in der Schweiz sind ausländische Zertifikate nicht als Schriftform anerkannt, und auch umgekehrt (also die Anwendung eines Schweizer Zertifikats im Ausland) birgt Risiken. Auch in der Schweiz existieren zwar vergleichbare elektronische Signaturen wie in der EU, in der Praxis werden diese in der Schweiz aber wenig verwendet, unter anderem weil der Registrierungsprozess schwerfällig ist und aufgrund der damit verbundenen Kosten pro elektronische Unterschrift. Besondere Stolperfallen nach Schweizer Recht finden sich etwa im Arbeitsrecht, aber auch im Exekutionsrecht (Rechtsöffnungsverfahren).
Kollege RA Hadi Waßer (Frankfurt am Main) hat abschließend die Rechtslage in Deutschland erörtert, wobei der Fokus auf das Arbeitsrecht und das Zivilverfahrensrecht gelegt wurde. Das deutsche Recht zeichnet sich im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der elektronischen Signatur (leider) noch durch eine gewisse Widersprüchlichkeit aus. Zum Teil ist die Textform ausreichend (eine Übermittlung mit WhatsApp wäre hier zB formgültig). Arbeitsverträge sind grundsätzlich formfrei. Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen nach dem NachwG muss derzeitig jedoch in Schriftform erfolgen. Indes sollen zukünftig anstelle des bisherigen Erfordernisses der Schriftform oder der qualifizierten elektronischen Signatur (qeS) Erklärungen zum Vertragsschluss auch mittels E-Mail oder ähnlichen Kommunikationsmittels möglich sein. Erforderlich ist dann aber, dass das Dokument für die Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- und Empfangsnachweis erhält bspw. mittels E-Mail samt PDF-Dokument. In anderen Bereichen (wie bspw. bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten oder Kündigungen) wird die Schriftform gefordert (aufgrund bestehender Restrisiken ist es derzeitig dem Arbeitgeber anzuraten, sich weder beim Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags noch eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots darauf zu verlassen, dass eine elektronische Signatur ausreichend ist – auch wenn dieser Weg die wünschenswerte Digitalisierung konterkariert – bis sich die höchstrichterliche Rechtsprechung positioniert hat oder eine gesetzliche Klarstellung erfolgt ist, ist es zwar auch in Zeiten der Digitalisierung wünschenswert, Rechtsklarheit zu haben - aber schadet Frontrunning bisweilen).
Es ist daher ratsam, vor dem Einsatz einer elektronischen Signatur abzuklären, ob diese in der jeweils verwendeten Ausprägung, dem jeweiligen (gesetzlichen oder vertraglichen) Formgebot entspricht.